Namibia

7.000 km kreuz und quer

Beitrag von Sonja Karthaus & Christof Ehrenbrink

Namibia gehörte schon seit einigen Jahren zu unseren favorisierten Destinationen und gerade in der aktuellen Corona-Situation macht es das Reisen in dem dünn besiedelten Land nochmal attraktiver. Aus diesem Grund entschieden wir uns nach kurzer Überlegung für diese Reise und haben es keinen Tag bereut.  Unsere Grobplanung sah vor, zirka sechs Wochen hier im Südwesten Afrikas zu verbringen, und auf einem etwa 7.000 km langen Road Trip kreuz und quer durchs Land zu reisen.

Reisedauer: 6 Wochen
Reisezeit:     Januar – März

Unsere Route:

Windhoek

Wie fast alle Flugreisen nach Namibia begann auch unsere, nach gut zehnstündigem Flug von Frankfurt aus, in Windhoek. Hier verbrachten wir den ersten Tag, um uns vom Nachtflug zu erholen und uns an die neuen Gegebenheiten anpassen zu können. Hier sind vor allem das heiße Wetter im namibischen Sommer und die Höhenlage von fast 1.700 m zu nennen.

Windhoek ist mit seinen gut 300.000 Einwohnern die größte Stadt in Namibia, in dem insgesamt lediglich 2,3 Mio. Menschen auf einer Fläche leben, die mehr als doppelt so groß ist wie Deutschland. Doch obwohl es politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes ist, lädt Windhoek nicht zum längeren Verweilen ein. Schließlich besticht Namibia durch seine faszinierende Natur, die es zu erkunden gilt, nicht durch seine Städte. Daher freuten wir uns, am nächsten Tag unseren Miet-Camper in Empfang nehmen zu dürfen. 

Mietwagen sind wir beide berufsbedingt und in diversen Urlauben schon reichlich gefahren. Begrüßung, Buchung und Führerschein vorlegen, Schlüsselübergabe, Verabschiedung, so sieht der routinemäßige Prozess aus, simpel und effizient. Hier in Namibia reden wir allerdings von einer anderen Kategorie Mietwagen. Satte zwei Stunden haben wir mit der Übergabe unseres geländegängigen „Toyota Hilux 4×4“ Campers verbracht, und das war auch bitter nötig für Mieter wie uns, die nicht gerade als auto-affin gelten.

Geduldig zeigte uns Martin, der Mitarbeiter der Mietwagenagentur, alles was es zu wissen gibt, auch vor dem Hintergrund, dass in einem weitläufigen, dünn besiedelten Land wie Namibia mit Unterstützung im Pannenfall nicht immer zu rechnen ist. Hilfe zur Selbsthilfe war also das Motto bei den zahlreichen Vorführungen: Wie flicke ich einen Reifen, wie wechsele ich ihn und wie passe ich den Luftdruck fern von jeder Tankstelle an die Beschaffenheit der Straßen an. Wie befreien wir uns aus Sand und Schlamm, welcher Allrad-Modus ist für welchen Untergrund zu wählen etc. Und natürlich wurde demonstriert, wie wir unser Schlafgemach, ein ausklappbares Zelt auf dem Dach (1,4 x 2,2 m groß), aufbauen. Zudem verfügt der Camper über alles was benötigt wird zum Leben in der namibischen Wildnis: ein großer Frischwassertank, eine Küchengrundausstattung inkl. Gaskocher und Kühlbox, Werkzeug sowie Tisch und Stühle.

Nach der Übergabe des Wagens statten wir uns noch im Supermarkt mit allem aus, was wir in den kommenden Tagen brauchen, und dann ging es raus aus Windhoek (auf einer von insgesamt zwei Autobahnen, die Namibia besitzt) und rein ins Abenteuer der ersten Etappe.

Kalahari

Wegen Überflutung „geschlossen“

Die erste Etappe raus aus Windhoek führte uns bis in die Kalahari im Osten Namibias. Von der Hauptstadt ging es über Mariental, wo wir eine Nacht auf der Campsite der „Lapa Lange Game Lodge“ nächtigten (und Nashörner beobachten konnten), über Gochas bis kurz vor die südafrikanische Grenze in die „Torgos Safari Lodge“.

Daheim wird den meisten Leuten die Kalahari als Wüste oder Trockensavanne bekannt sein. Der charakteristische rote Sand reicht bis zum Horizont, dazwischen spärliche Vegetation vereinzelter Gräser, Sträucher und karger Baumbestand. Das ist die Regel, doch in diesem Jahr ist das anders. Die Regenzeit hat die Kalahari im satten Grün erstrahlen lassen. Das lebensspendende Nass ist in den vergangenen Wochen so reichlich gefallen, dass so manche „Flüsse“, die im Normalfall nichts weiter als ausgetrocknete Flussbetten sind, an einigen Stellen das erste Mal seit über zwanzig Jahren (!!!) wieder Wasser führen. So zum Beispiel der Auob, dessen Verlauf wir viele Kilometer gefolgt sind. Für die wenigen Einwohner in dieser Region ist das ein Segen, da die ausgetrockneten Böden der Farmen endlich wieder fruchtbar werden.

Für uns macht diese ausgiebige Regenzeit das Reisen in der Kalahari zu einem richtigen Abenteuer. Die Straßen, ausschließlich geschottert, in dieser Region sind in gutem Zustand und lassen sich problemlos befahren. Da aber viele Campingplätze und Lodges nur durch den genannten Auob River zu erreichen sind, oder gar direkt in seinem sonst trockenen Flussbett liegen, können diese nicht erreicht werden. Auch die Anfahrt von der Straße zur „Torgos Safari Lodge“ war herausfordernd. Da die reguläre Zufahrt für eine Durchfahrt teils zu hoch überflutet war, mussten wir uns mit Hilfe des Allrad-Antriebs einen Weg durch den Busch bahnen, was auch gut geklappt hat. Erste Offroad-Challenge bestanden.

Die Mühe hat sich gelohnt! Da die „Torgos“ keine Campingplätze anbietet, haben wir ein kleines Chalet (alleinstehendes Ein-Zimmer-Häuschen) direkt am Auob gemietet mit tollem Blick auf die derzeit grüne Hügellandschaft der Kalahari.

Keetmannshoop

Unsere weitere Route sollte uns eigentlich auf direktem Wege raus aus, bzw. an den Rand der Kalahari führen, in die Gegend um Keetmanshoop. Nach etwa 150 Kilometern wurden wir allerdings aufgehalten – die Wassermassen der letzten Wochen hatten die Straße weggespült. Netterweise hatte schon jemand einen Hinweis mit der Info „sehr tief“ angebracht, sodass wir uns das Durchlaufen des Wassers sparen konnten. Denn so hatten wir inzwischen in der Theorie gelernt: Zu Fuß auf der einen Reifenspur hin und auf der anderen zurück, und wenn das Wasser nur bis höchstens zum Knie geht, keine starke Strömung hat und der Untergrund ok ist, kann man durchfahren.

Uns blieb also nur die Umkehr. Da die nächste alternative Route sehr nah an flachen Salzpfannen vorbeiführte, erschien uns diese Wahl als nicht sehr vielversprechend (ein zweites Mal an einer zum Fluss gewordenen Straße kehrt zu machen, wäre zeitlich nicht möglich gewesen). So wählten wir die sichere Option: Ein Stück des Wegs zurück, den wir zwei Tage zuvor gekommen waren, und dann über eine der geteerten Hauptstraßen Richtung Süden. So landeten wir für eine Nacht auf dem kleinen Campingplatz der „Aoub Lodge“ in der Nähe von Gochas, und fuhren dann am nächsten Tag weiter bis kurz vor Keetmanshoop, wo wir die Nacht auf dem Campingplatz „Garas Park“ in einem der Köcherbaumwälder verbrachten, für die diese Gegend bekannt ist.

Fish River Canyon & Oranje

Am Samstag ging es für uns von Keetmanshoop bis zum Fish River Canyon, wo wir auf dem Campingplatz des „Canyon Roadhouse“ übernachteten, welches mit seinem sehr ansprechenden Konzept eines Highway-Diner genauso gut an der legendären Route 66 in den USA hätte Platz finden können. Die Etappe war vergleichsweise kurz – daher folgten wir dem Schild „bester Apfelstrudel Namibias“ auf eine kleine, liebevoll gestaltete Farm am Wegesrand und gönnten uns einen Zwischenstopp inklusive nettem Small Talk bei „Wally & Meisie“. Normalerweise kommen hier ca. 100 Autos pro Woche vorbei – aktuell freuen die beiden sich, wenn ein oder zwei Autos halten.

Tags darauf folgten wir dem Lauf des Fish River, der den größten Canyon Afrikas durchfließt, bis zu dessen Mündung in den Oranje, dem Grenzfluss zwischen Namibia und Südafrika, und steuerten den „Amanzi Riverside“ Campingplatz an. Herrlich in die Natur am Flussufer eingebettet, erfreut sich „Amanzi“ vor allem bei Rafting-Freunden großer Beliebtheit. Für uns Ruder-Laien kam ein solches Abenteuer allerdings nicht in Frage, da der Oranje, wie auch zahlreiche andere Flüsse im südlichen Afrika, derzeit viel Wasser führte und daher sehr anspruchsvoll zu befahren war. Erschwerend kam hinzu, dass einige Dämme, die ihre Kapazitätsgrenze aufgrund der ausgiebigen Regenmassen überschritten hatten, geöffnet werden mussten. Dann, so der äußerst freundliche Manager des Campingplatzes, wird dieser fast komplett überflutet.

Neben seiner wundervollen Landschaft und seinen für die Region lebenswichtigen Wasser-Ressourcen birgt der Oranje-Fluss allerdings noch einen weiteren Schatz, der die Gegend seit mehr als 100 Jahren prägt: Diamanten. Wie ernst es der Staat damit meint, seinen Schatz zu wahren, bekamen wir zu spüren, als wir einen Checkpoint am Ende eines Abbaugebietes passieren wollten. Der wachhabende Polizist inspizierte in aller Ausgiebigkeit unsere Sachen auf der Jagd nach Schmuggelware. Das wohlwollende Überlassen einiger medizinischer Masken dürfte den Prozess für uns positiv beeinflusst haben.

Diamanten-Fieber

Im letzten Eintrag haben wir vom Orange-River, der Grenze zwischen Namibia und Südafrika, und seinen Diamanten berichtet. Doch nicht nur im und am Flussbett sind Diamanten zu finden, sondern auch entlang der namibischen Atlantikküste. Dort nämlich treibt die Strömung jene Steine hin, die sich nicht im Orange-River abgelagert haben, sondern bis ins Meer hinausgespült wurden.

Die Geschichte der Diamanten ist eng verwoben mit der (unrühmlichen) Geschichte der Deutschen im Südwesten Afrikas. Sie nimmt ihren Lauf 1883 im Gebiet des heutigen Lüderitz, das nach dem Bremer Tabakhändler Adolph Lüderitz benannt ist, der hier an der Küste unter äußerst widrigen Umständen Land von den Nama „abkaufte“. Bereits kurz darauf wurde das Gebiet Teil der Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“.

Im Jahr 1908 wurde bei Gleisarbeiten in der Nähe von Kolmanskuppe, unweit von Lüderitz, der erste Diamant entdeckt. Das führte zu einem wahren Diamanten-Boom. Die Edelsteine brachten Kolmanskuppe eine kurze Blütezeit, die sonderbare Züge annahm: So wurde das Städtchen, das mitten in einer lebensfeindlichen, wüstenähnlichen Umgebung entstand, mit Süßwasser per Schiff aus Kapstadt versorgt (bis Lüderitz), dass dann per Zug und Ochsenkarren weitertransportiert wurde. Da die Stadt sehr wohlhabend war, gab es diesen Service für die Bürger (lediglich bis zu 400) kostenlos. Auch Strom und Telefon gab es bereits 1911 in allen Häusern. Zudem gab es alles was man brauchte, um ein anständiges Leben zu führen: Hauser aus Baumaterialien aus der Heimat, Bäcker und Schlachter, eine Stangeneisfabrik, um den hohen Temperaturen zu trotzen, ein Krankenhaus, eine Schule, ein Kasino und sogar eine Kegelbahn. Deutscher geht es kaum, und auch nur diese durften die Annehmlichkeiten der rasanten Entwicklung genießen. Die lokalen Kontraktarbeiter waren etwas außerhalb und um einiges einfacher untergebracht. Zu Beginn des Diamantenabbaus haben diese Arbeiter die Diamanten noch per Hand aufgelesen, in dem sie in langen Reihen nebeneinander über den Wüstensand krochen.

So rasant der Aufstieg von Kolmanskuppe war, so schnell schritt auch sein Niedergang voran: 1929 wurden weitaus größere Steine weiter südlich an der Mündung des Oranje-River in den Atlantik gefunden, was die Glücksritter weiterziehen ließ. Diamanten aus Kolmanskuppe waren nicht mehr gefragt. 1938 wurden die Förderanlagen stillgelegt, 1956 verließen die letzten Familien die Stadt und diese wurde der „Verwüstung“ überlassen.

Unser Quartier für den Ausflug zur Kolmanskuppe und nach Lüderitz schlugen wir im etwa 120 Kilometer weiter östlich gelegenen „Aus“ auf. Aufgrund der geringen Nachfrage und eines entsprechenden Preisnachlasses ließen wir uns im „Desert Horse Inn“ überzeugen, nicht den Campingplatz, sondern ein kleines Chalet etwa 7 Kilometer von der Rezeption entfernt zu beziehen. Wir wurden mit einer wunderschönen Aussicht belohnt – allerdings auch von der ein oder anderen Feldmaus besucht. So freuten wir uns, auf der nächsten Etappe wieder in unser Dachzelt steigen zu können!

Namib Rand & Sossusvlei

Wir verließen den Ort Aus und machten uns auf den Weg Richtung Norden, zunächst bis ins „Namib Rand Natur Reserve“ und die dortige „Family Hideout Logde“. Diesen Tipp haben wir einige Tage zuvor von einem anderen Namibia-Reisenden bekommen, und wir wurden nicht enttäuscht. Unser Campingplatz lag komplett abgeschieden inmitten des Reservats, umgeben von purer Natur und absoluter Stille. Das war auch nicht anders zu erwarten, schließlich führte uns der Weg dahin ca. 20 km von der nächstgelegenen öffentlichen Straße über Stock und Stein.

Weiter gen Norden durch die Namib Rand ging es vorbei an traumhaft abwechslungsreicher Kulisse. Die Straßenverhältnisse waren jedoch nach den starken Regenfällen der letzten Wochen teils katastrophal. Doch für ein allradbetriebenes Gefährt stellte dies kein Problem dar, im Gegenteil, das Fahren „Off-Road“ macht einen Heidenspaß! Ziel der Tagesetappe war der „Sesriem Campsite“. Von hier aus haben wir tags darauf den Sesriem Canyon und das Dünen-System „Sossusvlei“ im „Namib-Naukluft Park“ besichtigt. Zahlreiche Namibianer sind dieser Tage ebenfalls zum „Sossusvlei“ gepilgert, denn neben dem sonstigen Farbenspiel der Dünen von Goldgelb und Ocker bis zu Orange und von Kastanienfarben bis Ziegelrot, hat der Regen eine weitere Farbkomponente ins Spiel gebracht – grün. Wie schon in der Kalahari kommt das nur alle Jubeljahre einmal vor.

Bevor es am Wochenende in die Küstenstadt Swakopmund weiterging, legten wir noch einen kurzen Stopp in der Nähe von Solitär im „Camp Gecko“ ein. Auch hier erwartete uns ein Platz in kompletter Abgeschiedenheit, mit weitem Blick über eine Ebene und, verglichen mit westlichen Standards, außergewöhnlichen Sanitäreinrichtungen: Alles „Open Air“, wie den Bildern zu entnehmen ist.

Abkühlung in Swakopmund

Die vergangenen Tage in und an der Namib-Wüste waren heiß. Sehr heiß, bei Temperaturen von bis zu 38°C. Daher kam es uns sehr gelegen, das Wochenende im Küstenstädtchen Swakopmund zu verbringen, bei fast schon kühlen 20°C. Neben den Temperaturen genossen wir hier die Vorzüge eines kleinen, gemütlichen Guesthouses namens „Cornerstone„, ein wenig Zivilisation und leckeren Fisch, der täglich frisch den Weg aus dem Atlantik in die zahlreichen Seafood-Restaurants findet, aber im Landesinneren schwer zu bekommen ist.

Zudem lädt Swakopmund, das auch bei den (privilegierten) Einheimischen aufgrund seines milden Klimas ein beliebtes Ausflugsziel ist, zum Flanieren am Stand und in der Altstadt ein, die einst um die vorletzte Jahrhundertwende von deutschen Kolonialisten erbaut wurde. Trotz der unrühmlichen Geschichte, die während der Kaiserzeit hier geschrieben wurde, zeugen noch immer zahlreiche Straßenschilder, Gebäude oder Geschäfte von den deutschen Wurzeln der Stadt. Nicht umsonst wird Swakopmund auch als „deutscheste“ aller namibischen Städte bezeichnet.

Matterhorn Namibia’s

In dieser Woche hat uns nun tatsächlich die namibische Regenzeit eingeholt, inklusive sturmartiger Böen, die Material und Mensch auf die Probe gestellt haben.

Nach unserem Aufenthalt in Swakopmund war die Spitzkoppe, das „Matterhorn Namibia´s“, unser Etappenziel. Die schroffe Granitformation ragt weithin sichtbar mehr als 1.700 m über die Ebene. Der einfache Campingplatz, die „Spitzkoppe Campsite“ erstreckt sich weitläufig und in atemberaubender Landschaft unmittelbar zu seinem Fuße. Mit gewöhnlichen Parzellen, wie man sie aus Europa kennt, haben hiesige Campingplätze übrigens nicht viel gemein. Ein einziger „Stellplatz“ ist nicht selten Fußballplatz groß und mehr. So auch an der Spitzkoppe, wie auf den Bildern deutlich wird.

Der nachmittags einsetzende starke Wind hielt uns nicht davon ab, unser Quartier inklusive Dachzelt aufzuschlagen, denn diesen Wind kannten wir schon aus den Vorwochen und er bereitete uns keinerlei Sorgen, da sich dieser regelmäßig gegen Abend einstellte. So aber nicht in dieser Nacht. Aus dem Wind wurden Sturmböen, starker Regen gesellte sich dazu. Das Zelt konnte das Wetter glücklicherweise nicht in die Knie zwingen, nur seine Bewohner. Arg gebeutelt und müde ob der unruhigen Nacht krochen wir morgens aus unserem mobilen Schlafgemach. Fazit: Den Wetterbericht im Auge behalten und lieber einmal zu viel als zu wenig ein Zimmer nehmen. Schließlich soll die Erholung nicht zu kurz kommen.

Und so zogen wir es vor, während der folgenden Schlecht-Wetter-Tage in festen Unterkünften auszuharren, bis das Wetter uns und unserer Campinglust wieder mehr gewogen ist. Zunächst zog es uns in Brandberg in die „White Lady Lodge“ und dann in die „Vingerklip Lodge“. Der „Fingerklippe“, ein markanter, alleinstehender 35 m hoher Felsen, ist ein Überbleibsel der Ugab-Terrassen, eine 80 km lange canyon-artige Kalksandsteinformation, die im Laufe der Zeit durch den gleichnamigen, heute meist trockenen, Fluss geformt wurde.

Der wilde Nordwesten

Unser Weg führte uns vom Westteil Namibias weiter Richtung Norden, genauer gesagt durch das Damaraland und das Kaokoveld bis an die angolanische Grenze.

War der Westen noch von sandiger und felsiger Landschaft geprägt, so ist die Vegetation im Nordwesten viel lebendiger. Neben großen bewaldeten Flächen erfreuten wir uns auch einiger unverhoffter Tierbeobachtungen: Giraffen, Strauße, dazu verschiedene Antilopen kreuzten unseren Weg, dazu entdeckten wir am Kunene-Fluss ein kleineres Krokodil, Leguane und Affen. Auch seine Bewohner lassen diese Gegend viel lebendiger wirken als andere, deutlich dünner besiedelte Landstriche Namibias. Viele kleinere und größere Ortschaften säumen den Weg, in denen die hier ansässigen Herrero und Himba leben. Viele von ihnen tragen noch die traditionellen Gewänder. Neben der Zucht von Ziegen und Rindern scheint der Tourismus eine der Haupteinnahmequellen der Menschen hier zu sein. Zahlreiche „Living Museums“ und „Cultural Villages“ sowie „Craft Shops“, in denen traditioneller Schmuck und andere Souvenirs angeboten werden, zeugen davon. Nur sind diese zum Großteil verwaist, da offensichtlich zu wenige Reisende im Land sind.

Erste Station dieser Etappe war am Sonntag die „Palmwag Lodge“. Auf dem zugehörigen Campingplatz angekommen, waren wir erstaunt, wie gut dieser gebucht war. Vielleicht lag das an Jimbo, dem eigentlichen Star in Palmwag. Ein Elefant, der häufig die Anlage durchstreift, ohne Scheu vor Menschen. Um uns hat Jimbo leider doch einen Bogen gemacht, er wart den ganzen Tag nicht gesehen. Danach ging es weiter nach Opuwo, der Provinzhauptstadt der Kunene-Region. Keine Schönheit, doch ließen es sich die Kommunalpolitiker vor einigen Jahren dennoch nicht nehmen, ein überdimensioniertes, luxuriöses Hotel auf einen Hügel über der Stadt zu bauen. Leider geriet das Projekt „Opuwo Country Hotel“ in finanzielle Schieflage, so dass es mittlerweile in private Hand übergegangen ist und als Lodge und Campingplatz genutzt wird. Von Opuwo fuhren wir am Dienstag bis an den Kunene, genauer gesagt bis an die Epupa Falls. Die gleichnamige Lodge macht ihrem Namen alle Ehre. Alle Zimmer und Campingplätze befinden sich in unmittelbarer Nähe der Wasserfälle, inklusive fantastischer Aussicht, aber auch tosendem Lärm der herabstürzenden Fluten.

Eine der vielen interessanten Begegnungen auf unserer Reise hatten wir mit Helmut, einem Buschpiloten. Neben guten Tipps für unsere weitere Planung ist vor allem hängen geblieben, wo er aufgewachsen ist: nämlich auf Immenhof. Dabei handelt es sich nicht um den Ponyhof aus der alten Kinderserie, sondern um eine Farm. Diese betreibt einer seiner Brüder noch immer und ein anderer ist nur wenige Kilometer weiter auf der Farm Schönfeld ansässig. Rodenhof, Hohenstein oder, besonders schön, Kuhwerder, liegen um die Ecke.

Den Kunene flussaufwärts, bis zur „Kunene River Lodge“ nahe Ruacana ging es Tags darauf. Dann rief der Etosha Nationalpark.

Etosha Nationalpark

Die letzten drei Tage verbrachten wir im Etosha Nationalpark, im zentralen Norden Namibias gelegen. Bereits 1907 geründet und mit knapp 23.000 m², entspricht es in etwa der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns oder Hessens. Er gehört zu den größten und wildreichsten Reservaten im südlichen Afrika.

Die vorherrschende Regensaison bot keine optimalen Bedingungen für Tierbeobachtungen. Denn je weniger Regen fällt, desto mehr konzentriert sich der Wildbestand auf die wenigen, stets verfügbaren Wasserressourcen, was die Anzahl der potenziellen Beobachtungsspots reduziert. In der Regenzeit jedoch ist Wasser für die Tiere so gut wie überall im Park zu finden.

Dennoch wurden wir nicht enttäuscht und viele faszinierende Tiere kreuzten unseren Weg. Die beiden absoluten Highlights, auch weil sie momentan nur schwer zu entdecken sind, waren ein Löwe und ein Leopard. Zudem gab es zahlreiche Giraffen, Zebras und verschiedene Antilopen wie Streifengnu, Springbock, Steinböckchen, Impala oder Oryx. Hinzu gesellten sich ein Schakal, ein Kapfuchs sowie ein Warzenschwein. Auch große Vögel gab es reichlich zu sehen. Neben den bekannten Straußen durften wir auch den Sekretär (1,2 groß bei einer Spannweite von 2 m) und die Riesentrappe (1,3 m; 2,75 m) kennenlernen. Einen ganz besonderen Anblick bot ein Schwarm Abdimstörche (naher Verwandter der europäischen Weiß- und Schwarzstörche), die zu mehreren Hunderten auf wenigen Bäumen am Wegesrand rasteten.

Da uns unsere letzte Station am Etosha, die „Mokuti Lodge“ am Osteingang des Parks, sehr zugesagt hatte, verlängerten wir kurzfristig unseren Aufenthalt, so dass wir uns nochmals auf Tierbeobachtung begeben haben. Und zwar erfolgreich! Zwei Elefanten bekamen wir zu sehen. Und das trotz Regenzeit, in der sich die scheuen Dickhäuter meist fern der Touristenrouten und Wasserlöcher aufhalten. Welch faszinierender Anblick, wenn plötzlich solch ein Zwei-Tonnen-Koloss den Weg kreuzt.

Caprivi-Zipfel

Nein, der Caprivi-Zipfel ist keine neue Eiskreation von Langnese, sondern ein schmaler, nur wenige Kilometer breiter, aber 400 km langer Landstrich im äußersten Nordosten Namibias, der nach dem früheren Reichskanzler Leo von Caprivi benannt ist. Das Gebiet war Teil des im Jahr 1890 zwischen dem Deutschen Kaiserreich und Großbritannien geschlossenen Helgoland-Sansibar-Vertrags. Der Reichskanzler wollte einen Zugang von „Deutsch-Südwestafrika“ zum Sambesi-Fluss, um eine vermeintliche Schifffahrtsverbindung in die ostafrikanischen Kolonialgebiete (u.a. das heutige Tansania) zu ermöglichen. Doch hat Herr von Caprivi scheinbar nie von den Victoria-Fällen, immerhin den größten Wasserfällen Afrikas gehört, die der Sambesi auf der Grenze zwischen Simbabwe und Sambia hinabstürzt. Die angestrebte Schifffahrtsroute nach „Deutsch-Ostafrika“ war also blockiert und der Caprivi-Zipfel dadurch nicht so wertvoll wie erhofft. Welch ein Rohrkrepierer!

Der Weg in den Caprivi führte uns über Rundu, der zweitgrößten Ansiedlung Namibias. Unsere Unterkünfte lagen sowohl in Rundu (Kaisosi River Lodge und Hakusembe River Lodge) als auch an unserer ersten Station im Caprivi (RiverDance Lodge), alle samt am Okavango-Fluss, der in seinem Mittellauf die Grenze zu Angola bildet, wie schon der Kunene weiter im Westen. Insgesamt gibt es in ganz Namibia nur fünf Flüsse, die ständig Wasser führen, drei davon befinden sich im Caprivi, was die wasserreichste Gegend Namibias fast schon tropisch anmuten lässt. Davon konnten wir uns während einer kleinen Bootstour auf dem Okavango überzeugen, inklusive Sichtung zahlreicher Flusspferde.

Wasser zu durchqueren hatten wir übrigens auch auf der Zuwegung zur Hakusembe River Lodge in Rundu. Der ganze Weg war von starken Regenfällen überflutet, so dass wir uns von einem Mitarbeiter der Lodge leiten ließen, wo die Strecke befahrbar war und wo nicht (ohne Allrad wäre ein Durchkommen unmöglich gewesen). Eine lustige Angelegenheit, wenn man einer vorgezeigten Route folgen kann, nicht so lustig, wenn man im Schlamm stecken bleibt, wie anderen Gästen widerfahren, doch das blieb uns glücklicherweise erspart.

Weiter ging es für uns Richtung Osten, am Örtchen Divundu und den Popa Falls (eigentlich eher Stromschnellen als ein Wasserfall) vorbei, zum Bwabwata National Park. Hier kamen wir für zwei Nächte in der „Ndhovu Lodge“ unter, die – wie schon die vorherigen Unterkünfte – direkt am Okovango liegt, und mit einem tollen Blick auf den gegenüberliegenden Park punktet. Zudem bewohnt eine größere Flusspferdgruppe den Fluss direkt an der Lodge, sodass es immer etwas zu sehen gibt.

Von hier aus haben wir Ausflüge in den Nationalpark unternommen, genauer gesagt in die Schutzgebiete Mahangu und Buffalo, und wurden mit einigen Tiersichtungen belohnt.

Waterberg zum Abschluss

Nach dem Besuch im Caprivi-Zipfel stand in den letzten Tagen unserer Reise der Rückweg nach Windhoek auf dem Programm.

Neben einem Zwischenstopp in „Roy´s Restcamp“ bei Grootfontein hielten wir auch am Waterberg, genauer gesagt im „Waterberg Wilderness“. Ein geschichtsträchtiger Ort, an dem die kaiserliche Schutztruppe unter dem Befehl von General von Trotha durch die Beinahe-Vernichtung der Herero die wohl schwerste Schuld der deutschen Kolonialgeschichte in Namibia auf sich geladen hat. Eine offizielle Entschuldigung für diesen Völkermord seitens der Bundesregierung ist zwar zum 100. Jahrestag des Herero-Aufstands im Jahr 2004 erfolgt, Entschädigungen sind allerdings noch nicht geflossen. Mehr als fraglich, ob man so der Verantwortung gerecht wird. Abgesehen von der geschichtlichen Relevanz des Ortes, ist das Waterberg-Plateau (48 x 15 Km), das die Umgebung um 200 Meter überragt, landschaftlich wunderschön und wir genießen einen entspannten Abend bei Braai (namibischer Ausdruck fürs Grillen) und Lagerfeuer.

Ein letztes Mal in den Genuss der fantastischen namibischen Landschaft und Wildnis kamen wir am Donnerstag in der „Auas Safari Lodge“ südlich von Windhoek, bevor es in die, für namibische Verhältnisse, wuselige und quirlige Hauptstadt ging.

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